Neukölln bekommt ein Denkmal zur Kolonialgeschichte
Die Idee dazu hatte Michael Küppers-Adebisi, Multi-Media-Künstler, afro-deutscher Lyriker und zu dieser Zeit Referent für Diversity und Community Development beim Berlin Global Village. Dort, im 2022 eröffneten Eine-Welt-Zentrum, arbeiten rund 50 entwicklungspolitische und migrantisch-diasporische Organisationen und Vereine unter einem Dach. Geschäftsführer Armin Massing war gleich Feuer und Flamme und hat die Idee weitergetragen, berichtet Projektleiterin Angelina Jellesen. Die Gelder zu akquirieren habe dann allerdings ein paar Jahre gedauert. Der deutsche Kolonialismus und seine Folgen wurden lange ignoriert. Erst allmählich setzt – angetrieben durch die Zivilgesellschaft - ein Umdenken ein.
Eine Ausstellung zeigt die 20 besten Entwürfe
Im Mai 2023 hatte das Berlin Global Village einen offenen Kunstwettbewerb für das Dekoloniale Denkzeichen ausgelobt. 244 Entwürfe aus aller Welt wurden eingereicht. 20 davon nahm die internationale Jury in die engere Auswahl. Der Öffentlichkeit wurden sie vom 26. April bis 10.Mai 2024 im Foyer des Kulturstalls im Gutshof Britz vorgestellt (in Kooperation mit dem Museum Neukölln). Wer die Ausstellung verpasst hat, kann das hier virtuell nachholen. Der Gewinner-Entwurf stand zu diesem Zeitpunkt bereits fest. Im Januar 2024 hatte sich die Jury für „EarthNest“ von „The Lockward Collective“ entschieden. Das Kunstwerk, eine konische Bronzeskulptur, soll zwischen den beiden Gebäuden des Berlin Global Village, dem Neubau und dem Altbau, platziert werden. Dem Kollektiv gehören die Kunstschaffenden Jeannette Ehlers und patricia kaersenhout an. Ihr Berater ist Rolando Vázquez.
Heilende Erde aus ehemaligen Kolonien
Earth Nest, so erklären die drei im Interview mit dem Berlin Global Village, ist ein Werk der dekolonialen Heilung, ein Gemeinschaftstempel, der Communities zusammenbringt und das, was durch koloniale Auslöschungen zerstört wurde, wieder ins Bewusstsein bringt. In den unterirdischen Teil des Denkzeichens wird Erde aus ehemaligen Kolonien gefüllt. „Der obere Kegel wird in violetten Tönen erleuchten, um die Kraft der Heilung der kolonialen Wunden zu beschwören“, so Jeannette Ehlers. Neuköllns Kulturstadträtin Karin Korte, die als Expertin auch an den Jury-Sitzungen teilgenommen hatte, unterstrich bei der Ausstellungseröffnung die große Bedeutung des Projekts für den Bezirk und darüber hinaus.
Ein Ort der Begegnung für die Nachbarschaft
„Es ist ein lebendiges Denkzeichen, das für die umliegende Nachbarschaft als Heilungs- und Begegnungsort konzipiert ist“, betont Projektleiterin Angelina Jellesen: „Man kann in der Bronzeskulptur sitzen, sich den Podcast anhören, Kraft tanken und seine eigenen Geschichten zu kolonialen Erlebnissen teilen.“ Die Besuchenden können auch selber Erde aus ihrer Heimat mitbringen. Begleitet wird das Dekoloniale Denkzeichen von Veranstaltungen, Workshops und einem „Riesenbildungspaket“, wie Angelina Jellesen erklärt: „Wir arbeiten an einem Leitfaden für dekoloniales Lernen, der sowohl für Kinder wie auch für Erwachsene geeignet ist.“
Insgesamt kostet das Projekt 1,5 Millionen Euro, die je zur Hälfte vom Land Berlin (Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt) und dem Bund (Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien) zur Verfügung gestellt wurden. Die Fertigstellung ist für den Herbst 2024 geplant.