Entstehung und Anfänge
Das heutige Quartier entstand im Zuge der gewaltigen Expansion Rixdorfs (seit 1912 Neukölln), das sich seit dem Ende des 19. Jahrhunderts infolge massenhafter Zuwanderung aus der Industriemetropole Berlin und dem Umland rasant zur Großstadt entwickelte. Die Ströme der Zuwander*innen - größtenteils junge Arbeiter*innen, die sich in Rixdorf eine Existenz aufbauen wollten - ließen zwischen 1895 und 1915 die Einwohner*innenzahlen des Berliner Vororts von ca. 60 000 auf ca. 270 000 steigen. Im Zuge eines ungeheuren Baubooms entstanden bis zum Ersten Weltkrieg in Rixdorf gleichzeitig mehrere Mietskasernenviertel.
Das Gebiet nördlich und südlich der heutigen Flughafenstraße wurde im Wesentlichen zwischen 1900 und 1910 bebaut. 1910 wohnten etwa 9.000 Menschen in dem neu erbauten Wohnviertel, das damals zum sehr viel größeren Stadtteil Hasenheide gehörte. In diesem Stadtteil gab es wie in Rixdorf insgesamt vor allem kleine 1 bis 2-Zimmerwohnungen, aber auch die meisten 4-Zimmer-Wohnungen. Eine ähnliche Verteilung fand sich ebenfalls im heutigen Viertel Flughafenstraße - vorwiegend ein Arbeiter*innenwohnquartier, infolge des nah gelegenen Kommunalzentrums aber auch Wohnort von Angestellten und Beamt*innen. Die kleinen Wohnungen der Arbeiter*innen, darunter etlicher Brauereiarbeiter*innen, konzentrierten sich unter anderem in der Mainzer- und in der Flughafenstraße. Viele Fabrikarbeiter*innen, aber auch Kutscher, wohnten in der dicht bevölkerten Hermannstraße. In der westlichen Boddinstraße, wo es repräsentative, komfortable Mietshäuser gab und der Beamten-Wohnungs-Verein zu Berlin eG 1904 - 1906 eine Reformwohnbauanlage errichtet hatte, lebten Magistrats- und Justizbeamt*innen, viele Postbeamt*innen, Lehrer*innen und Freischaffende.
Während größere Grünanlagen und Plätze im Viertel nicht angelegt wurden, entstanden vor dem Ersten Weltkrieg im Stadtteil drei Schulbauten. In der Berliner Straße (heute die nördliche Karl-Marx-Staße) wurde 1907 die Städtische höhere Mädchenschule Rixdorfs, heute das Albert-Schweitzer-Gymnasium, eingeweiht. In der Boddinstraße entstand 1907/1908 mit der heutigen Hermann-Boddin-Grundschule ein riesiger Doppelschulbau für 3.600 Schüler*innen und 1912 ein Realschulbau.
Zwei der protestantischen Großstadtkirchen Rixdorfs, die Genezarethkirche und die Martin-Luther-Kirche, wurden vor dem Ersten Weltkrieg in den angrenzenden Nachbarvierteln erbaut. Im Viertel Flughafenstraße selbst, im Hinterhof Isarstraße 8, wurde 1907 eine Synagoge eingeweiht. 1910 wohnten von insgesamt 2.080 in Rixdorf ansässigen Juden und Jüdinnen 413 Personen im Stadtteil Hasenheide und der kleine Sakralbau, der auf Initiative des Israelitischen Brüdervereins entstand, spiegelte die Konsolidierung der jüdische Gemeinde Rixdorfs wider. Die Synagoge war von der Straße aus nicht zu sehen, aber die Bewohner*innen des Vorderhauses konnten das religiöse Geschehen in ihrem Hof genau verfolgen. Ausdruck jüdischen Lebens waren zahlreiche jüdische Geschäfte, die sich in den 1910er und 1920er Jahren bevorzugt in der Bergstraße (heute die südliche Karl-Marx-Straße), aber auch im Inneren des Viertels ansiedelten.
Nachbarschaftlicher Austausch im Stadtteil fand jahrzehntelang, noch bis in die 1950er Jahre hinein, in den Läden und Gaststätten des Viertels statt. Für größere Freizeitaktivitäten standen den Bewohner*innen das Biergartenareal der Kindlbrauerei und seit 1927 das Kino Mercedes-Palast in der Hermannstraße sowie verschiedene Veranstaltungsorte in der Bergstraße zur Verfügung. In die Bergstraße, wo sich vornehmlich das Rixdorfer Bürgertum vergnügte, gingen vermutlich eher die arrivierten Bewohner*innen der Boddinstraße, weniger die im Viertel lebenden Arbeiter*innen. Deren bevorzugte Etablissements lagen in der Hermannstraße und in der Hasenheide.